Wann soll ich meine Blutdruckpillen nehmen, um mich am besten vor Herzinfarkt, Schlaganfall und Co. zu schützen?  ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌
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Zu welcher Tageszeit eingenommen schützen mich meine Blutdrucktabletten am bestem vor Herzinfarkt, Schlaganfall und Co.?

 

Schön, dass Du mir mit dem Öffnen dieses Newsletters wieder kurz Deine Aufmerksamkeit schenkst! Diesmal eine kurze aber wichtige Nachricht, für Dich (zumindest wenn Du Blutdrucktabletten einnimmst), vom weltweit größten Kardiologenkongress, dem ESC.

 

Ob Dich die abendliche Einnahme Deiner Blutdrucktabletten besser vor Komplikationen schützt, wie dies in einer vorausgegangenen spanischen Studie (HYGIA) postuliert wurde, erfährst Du in diesem Newsletter ...

 

 

 

Blutdruckpillen werden ja "traditionell" größtenteils morgens eingenommen, aber ist das überhaupt sinnvoll? Eine spanische Studie (HYGIA) kam hier Ende 2019 zu erstaunlichen Ergebnissen und sorgte damals für so viel Wirbel, dass auch ich mich dazu veranlasst sah hierüber ein Video mit meinem geschätzten Kollegen Dr. David Sinning aus der Charité Berlin (seines Zeichens Hypertensiologe, sprich Experte für Bluthochdruck) zu drehen.

 

Was wurde damals festgestellt?

 

Untersucht wurde die sog. "Chronotherapie" des Bluthochdrucks, sprich die Frage, ob die Einnahme von Blutdruckmedikamenten vor dem Schlafengehen im Vergleich zur üblichen Einnahme nach dem Aufwachen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Tod, Herzinfarkt, Notwendigkeit einer Herzkatheterbehandlung, Herzschwäche oder Schlaganfall) besser reduziert. Und siehe da: Die spanischen Kollegen konnten an knapp 20.000 Bluthochdruckpatient:innen eine beeindruckende Risikoreduktion für Herzinfarkt, Schlaganfall und Co. (des kardiovaskulären Risikos) um satte 45 % feststellen! Das ist schon ein Wort!

 

Allerdings wurde diese Studie häufig kritisiert und angezweifelt, nicht zuletzt auch deshalb weil andere Studien (wie z.B. die AASK-Studie bei afroamerikanischen Patienten) diesen Effekt nicht nachweisen konnten. Somit hatte es die Empfehlung zur abendlichen Einnahme der Blutdrucktabletten  nie in die Empfehlungen der Fachgesellschaften, die sog. Leitlinien geschafft.  

 

Neue Einsichten aus Barcelona 😉

Die TIME Studie

 

Diese Frage sollte nun endlich auf dem weltweit größten Kardiologenkongress, dem ESC 2022 in Barcelona, geklärt werden, mit der TIME Studie:

 

21.104 Patienten wurden in 2 Gruppen aufgeteilt, von denen 10.503 für die abendliche und 10.601 für die morgendliche Verabreichung zugeteilt wurden. Die Patient:innen waren durchschnittlich 65 Jahre alt und in 58 % Männer. Untersucht wurde, ob die sog. "primären Endpunktkomponenten", also Krankenhausaufenthalte wegen Herzinfarkt oder Schlaganfall und Herz-Kreislauf-bedingteTodesfälle aller Art - durch die Einnahmezeit (morgens versus abends) beeinflusst werden.

 

Und, was kam diesmal raus?

 

Nichts! 3,4 % der Patient:innen in der Gruppe mit der abendlichen Medikamentengabe und 3,7 % der Patient:innen in der Gruppe mit der morgendlichen Medikamentengabe erlitten eine der oben genannten Komplikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herz-Kreislauf-bedingterTod), was statistisch gesehen keinen signifikanten Unterschied darstellt.

 

Es fand sich auch keine spezielle Untergruppe von Menschen, die von der einen oder anderen Einnahmezeit profitiert hätten.

 

 

Also, wie so oft schon gesehen schwingt das Pendel der Wissenschaft hin und her. Ich habe mein Video zur eingangs erwähnten HYGIA-Studie jetzt jedenfalls mal lieber aus dem Netz genommen, um nicht für weitere Verwirrung zu sorgen.

 

Was bleibt uns also als Fazit?

 

Entscheidend bleibt weiterhin den Bluthochdruck als einen der größten "Killer der Menschheit" ernst zu nehmen und konsequent mit Lebensstilmaßnahmen und wo das nicht ausreicht zusätzlich mit Blutdruckmedikamenten in den Zielbereich von allgemein <130/80mmHg zu bekommen (Definition Bluthochdruck bei uns in Europa: wiederholte Blutdruckwerte > 140/90mmHg).

 

Was die Tageszeit der Medikamenteneinnahme angeht müssen wir uns aber nach diesen neuen Ergebnissen nicht noch zusätzlich stressen sondern können die für uns am besten in unseren Alltag passende Zeit(en) wählen. Allerdings macht es natürlich auch weiterhin Sinn wassertreibende Diuretika, die ja häufig als Blutdruckmittel eingenommen werden, nicht abends einzunehmen, wenn Du Deine verdiente Nachtruhe nicht durch vermeidbare Toilettengänge stören willst...

 

In diesem Sinne, ich hoffe Du konntest eine interessante Erkenntnis für Dich mitnehmen,

bleib schön gesund,

 

Dein Dr. Heart

 

 

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Dr. Stefan Waller

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