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Blutdruckpillen werden ja "traditionell" größtenteils morgens eingenommen, aber ist das überhaupt sinnvoll? Eine spanische Studie (HYGIA) kam hier Ende 2019 zu erstaunlichen Ergebnissen und sorgte damals für so viel Wirbel, dass auch ich mich dazu veranlasst sah hierüber ein Video mit meinem geschätzten Kollegen Dr. David Sinning aus der Charité Berlin (seines Zeichens Hypertensiologe, sprich Experte für Bluthochdruck) zu drehen.
Was wurde damals festgestellt?
Untersucht wurde die sog. "Chronotherapie" des Bluthochdrucks, sprich die Frage, ob die Einnahme von Blutdruckmedikamenten vor dem Schlafengehen im Vergleich zur üblichen Einnahme nach dem Aufwachen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Tod, Herzinfarkt, Notwendigkeit einer Herzkatheterbehandlung, Herzschwäche oder Schlaganfall) besser reduziert. Und siehe da: Die spanischen Kollegen konnten an knapp 20.000 Bluthochdruckpatient:innen eine beeindruckende Risikoreduktion für Herzinfarkt, Schlaganfall und Co. (des kardiovaskulären Risikos) um satte 45 % feststellen! Das ist schon ein Wort!
Allerdings wurde diese Studie häufig kritisiert und angezweifelt, nicht zuletzt auch deshalb weil andere Studien (wie z.B. die AASK-Studie bei afroamerikanischen Patienten) diesen Effekt nicht nachweisen konnten. Somit hatte es die Empfehlung zur abendlichen Einnahme der Blutdrucktabletten nie in die Empfehlungen der Fachgesellschaften, die sog. Leitlinien geschafft.
Neue Einsichten aus Barcelona 😉
Die TIME Studie
Diese Frage sollte nun endlich auf dem weltweit größten Kardiologenkongress, dem ESC 2022 in Barcelona, geklärt werden, mit der TIME Studie:
21.104 Patienten wurden in 2 Gruppen aufgeteilt, von denen 10.503 für die abendliche und 10.601 für die morgendliche Verabreichung zugeteilt wurden. Die Patient:innen waren durchschnittlich 65 Jahre alt und in 58 % Männer. Untersucht wurde, ob die sog. "primären Endpunktkomponenten", also Krankenhausaufenthalte wegen Herzinfarkt oder Schlaganfall und Herz-Kreislauf-bedingteTodesfälle aller Art - durch die Einnahmezeit (morgens versus abends) beeinflusst werden.
Und, was kam diesmal raus?
Nichts! 3,4 % der Patient:innen in der Gruppe mit der abendlichen Medikamentengabe und 3,7 % der Patient:innen in der Gruppe mit der morgendlichen Medikamentengabe erlitten eine der oben genannten Komplikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herz-Kreislauf-bedingterTod), was statistisch gesehen keinen signifikanten Unterschied darstellt.
Es fand sich auch keine spezielle Untergruppe von Menschen, die von der einen oder anderen Einnahmezeit profitiert hätten.
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